
Angst macht krank
September 5, 2023
Trance-Reisen in der Therapie
Januar 25, 2025In meiner Abschlussarbeit zur Psychotherapeutin habe ich mich intensiv mit dem Thema der (physischen) Berührung in der therapeutischen Praxis beschäftigt. Oftmals wird aus Angst, als übergriffig wahrgenommen zu werden, auf jegliche Berührung verzichtet. Und insbesondere seit Corona wird sogar zunehmend auf die Begrüßung durch Handschlag verzichtet. Dabei sind Berührungskontakte ein wichtiger Überlebens- und Gesundheitsfaktor.
Berührung ist ein Grundbedürfnis des Menschen
Berührung ist ein Grundbedürfnis des Menschen und die unmittelbarste Form der Zuwendung. Die Hautstimulation stärkt das Immunsystem und spielt eine große Rolle für die Entwicklung von Säugetier und Mensch. Im Gegensatz dazu macht Berührungsarmut nachweislich krank.
So ist der Wegfall des Handschlags bei der Begrüßung nicht bloß eine Änderung der Konvention, sondern kommt dem Verbot eines zutiefst menschlichen Bedürfnisses gleich, denn am meisten berühren unsere Hände. Die Abnahme von täglichen Berührungskontakten wie Hände schütteln ist ein Aspekt der modernen Einsamkeit. Berührung ist ungewohnt und wird immer häufiger vermieden, dafür streicheln wir unser Handy umso mehr. In der Folge entwickelt sich entweder ein großes Bedürfnis nach Berührung oder im Gegenteil eine innere und äußere Abwehr dagegen. Das Wissen um den heilsamen Aspekt der Berührung bleibt so verborgen.
Im Gegensatz zu den anderen Sinnen lässt sich der Tastsinn nicht ausschalten, d.h. wir fühlen 24 Stunden am Tag und er ist immer intakt. Vibration, Druck und Spannung sind Berührungsreize, die mittels Rezeptoren der Haut in einen elektrischen Impuls übersetzt und mittels Nervenbahnen ans Gehirn weitergeleitet werden. Das C-taktile Nervennetz, das vor wenigen Jahrzehnten von schwedischen Forschern beschrieben wurde, lässt einen Berührungsreiz als angenehm empfinden, wenn er mit ganz geringem Druck erfolgt und bei ca. bei 3cm pro Sekunde liegt.
Die Medizinpsychologin Beate Ditzen vom Universitätsklinikum Heidelberg konnte in einer Versuchsanordnung mit und ohne Berührung nachweisen, dass der Cortisolspiegel im Speichel der Probandinnen mit Berührungskontakt nachweislich geringer ausfällt als ohne Berührung. Das Herz schlägt ruhiger und das Oxytozin steigt. Ohne Berührung dagegen steigen Ängste und Gefühle der Einsamkeit.
Virginia Satir, die Pionierin der Familientherapie und Erfinderin der Familienskulptur und Harry Merl, Vater der Familientherapie in Österreich sind zwei bekannte VertreterInnen der taktilen Berührung in der Therapie. Auch Milton H. Erickson hat Klientinnen während der Behandlung nachweislich berührt, wenn es ihm dienlich schien. Einer Patientin legte er z.B. die Hand aufs Knie, um eine Anästhesie hervorzurufen. Einem 14jährigen Mädchen ist er „zufällig“ auf die Zehen getreten, weil sie unter dem Glauben litt, ihre Füße seien zu groß.
Bei Interesse können Sie die gesamte Abschlussarbeit per PDF downloaden.