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Alte Mythen und Märchen erklären oft in einfachen Bildern den Prozess in der Psychotherapie. Besonders geeignet ist die Heldenreise, die ich in vielen Mythen als formgebende Struktur wiederfindet, so z.B. in der Artus-Sage, in den Abenteuern von Odysseus oder in Grimm’s Märchen. Aber auch in der Bibel finden wir in der Geschichte vom Propheten Jona im Wal (Jona 1,5) die Struktur der Heldenreise.
Die Heldenreise beschreibt einen Entwicklungsprozess des Menschen, der als junger Erwachsener ganz unbedarft aufbricht, um die Welt zu erobern und dabei zahlreiche Prüfungen bestehen muss, aber immer auch die notwendige Unterstützung und Hilfe erfährt. Am Ende ist aus dem Prinz ein König geworden und die Hochzeit findet statt. Und wenn sie nicht gestorben sind ….
Was also sind die Elemente oder Schritte im Verlauf einer Heldenreise? Wenn Sie ihre Entwicklung als Heldenreise verstehen, können Sie sich daran orientieren, wo Sie sich auf Ihrem Weg gerade befinden. In der Literatur wird die Heldenreise je nach Autor in 10-17 Stationen beschrieben.
Die Stationen der Heldenreise in 12 Schritten (in Anlehnung an Vogler)
- Der Ausgangspunkt: Beschreibung der Situation zu Beginn der Geschichte.
- Der Ruf des Abenteuers. Es wird klar, dass es so nicht weitergehen kann. Sei es eine Hungersnot oder ein Schicksalsschlag, es muss sich etwas ändern. Heute kann es das Drängen des Partners oder der Partnerin sein, ein Burnout oder andere Schicksalsschläge wie Krankheit oder Jobverlust.
- Die Weigerung. Die Heldin oder der Held will sich nicht ins Unbekannte mit ungewissem Ausgang stürzen. Zu groß sind die Risiken. Es scheint sicherer, dort zu bleiben, wo man ist. Man versucht sich oft auch einzureden, so groß sind die Probleme nicht und im Großen und Ganzen ist eh alles in Ordnung.
- Der Mentor. Die Begegnung mit dem Mentor ist der eigentliche Beginn der Heldenreise. Im Märchen zeigt sich ein Mentor oft in Gestalt eines Tiers oder einer Fee. Manchmal tritt er sogar in Gestalt des Teufels auf (z.B. Mephisto in Goethe’s Faust). Immer aber ist der Mentor Mutmacher für den ersten Schritt.
- Das Überschreiten der Schwelle. Dies ist ein ganz wichtiger Schritt, der auch viel Mut erfordert. Heutzutage kann es das Erstgespräch in der Psychotherapie sein, womit man den Schritt über die Schwelle wagt und bereit ist für die Reise der Entwicklung. Es besteht die Hypothese, dass Menschen, die den notwendigen Entwicklungsschritt verweigern, krank (z.B. alkoholsüchtig) werden.
- Die Prüfungen oder Bewährungsproben. Es gilt, Hürden zu meistern, Neues zu wagen und alte Grenzen zu überwinden. Nicht alles gelingt beim ersten Mal. Vieles muss wiederholt geübt werden, damit sich Neues festigen kann. Kein Fortschritt ohne Rückschritt. Wir in der Psychotherapie nennen das eine Ehrenrunde. Das sind die Prüfungen, ob das neu Erlernte auch wirklich schon integriert ist.
- Höhepunkt: Begegnung mit dem Feind. In der Traumatherapie nennen wir es „Konfrontation mit dem Trauma“. Das ist der gefährlichste Punkt der Heldenreise. Dieser Schritt muss gut vorbereitet sein, der Held oder die Heldin muss gut mit Ressourcen und unterstützenden Helfern gerüstet sein.
- Die Konfrontation. Überwindung des Gegners. Es können auch Kämpfe gegen eigene Widerstände sein, der Kampf mit dem eigenen Schatten, aber auch ganz konkret gegen Mobber und feindselige Mitmenschen.
- Hebung des Schatzes. Der Held oder die Heldin wird sich bewusst, dass königliches Blut in seinen/ihren Adern fließt. Das Erbe der Vorfahren (Ressourcen) stehen nun frei zur Verfügung.
- Verweigerung der Rückkehr. Der Held oder die Heldin wird sich im Nachhinein der Gefahr bewusst, in die er/sie sich begeben und überwunden hat. Der Held oder die Heldin zögert, in die Wirklichkeit des Alltags zurückzukehren.
- Rückkehr über die Schwelle. Der Held oder die Heldin ist zu einer neuen Persönlichkeit gereift. Der Feind ist besiegt, der Schatz ist gehoben. Das Gefundene bzw. Erreichte stößt oft auf Unverständnis und muss in die Alltagswirklichkeit integriert werden.
- Freiheit zum Leben: Anerkennung als neue Persönlichkeit im Rahmen der Gemeinschaft. Eine neue Position, neue Aufgaben erwarten die Heimkehrer. Der junge Mann ist z.B. zu einem erwachsenen Krieger gereift. Die junge Frau ist vom Mädchen zur Erwachsenen gereift und bereit für die Familiengründung.